Chips sind die treibende Kraft hinter nahezu allen zukunftsweisenden Technologien – von KI und Robotik über Medizintechnik bis hin zu Automobilindustrie, Energiewende und Verteidigungssystemen. Doch Europa steht vor der Herausforderung, im Bereich Mikroelektronik den Anschluss zu verlieren. Angesichts erheblicher Investitionen in den USA und Asien warnt der VDE in einem aktuellen Positionspapier vor einer zunehmenden Abhängigkeit und fordert entschlossenes Handeln.
Die Mikroelektronik spielt eine zentrale Rolle für die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands sowie Europas. Während Europa noch versucht, aufzuholen, bauen die USA und asiatische Länder ihre Kapazitäten erheblich aus – dies könnte dazu führen, dass Europa endgültig ins Hintertreffen gerät. „Wir sind in der Mikroelektronik viel zu abhängig von anderen Weltregionen“, warnt Prof. Christoph Kutter, Direktor des Fraunhofer-Instituts für Elektronische Mikrosysteme (EMFT) sowie stellvertretender VDE-Präsident und Mitautor des neuen Positionspapiers „Hidden Electronics IV“. „Jetzt ist es an der Zeit zu handeln; andernfalls riskieren wir unseren Wohlstand, unsere Sicherheit sowie unsere technologische Unabhängigkeit.“
In dem neuen Positionspapier, das beim VDE-Jahresempfang im Rahmen des European Future Technology Summit Anfang September in Brüssel vorgestellt wurde, werden geopolitische Rahmenbedingungen analysiert sowie Risiken wie Stärken benannt; zudem werden Empfehlungen für Politik, Wirtschaft und Forschung formuliert. Obwohl Europa Marktanteile verloren hat, verfügt es nach wie vor über strategisch bedeutende Kompetenzen – beispielsweise bei Leistungshalbleitern oder Sensorik sowie Edge AI und Lithografie. Diese Bereiche müssen gezielt gefördert werden durch koordinierte Initiativen aus der Industrie.
Wissenschaftliche Fortschritte – Rückstand beim Chipdesign
In den letzten Jahren hat Europa durchaus Fortschritte gemacht: In Sachsen ist mit den Dresdner Chipfabriken ein leistungsfähiges Ökosystem entstanden; unterstützt durch das EU-Förderprogramm IPCEI (Wichtige Projekte von gemeinsamem europäischem Interesse). Zudem hat Europa mit ASML einen Weltmarktführer im Bereich Lithografiemaschinen hervorgebracht. Forschungsinitiativen wie FMD oder FORLAB zeigen auf eindrucksvolle Weise die exzellente Positionierung europäischer Wissenschaft.
Trotz dieser Erfolge gibt es jedoch gravierende Defizite im Bereich Chipdesign: Die führenden Designwerkzeuge stammen größtenteils aus den USA. Daher fordert der VDE einen eigenen Aufbau von Kompetenzen in Electronic Design Automation (EDA) innerhalb Europas sowie eine konsequente Förderung von Open-Source-Initiativen wie RISC-V zur Verringerung bestehender Abhängigkeiten.
Partnerschaften stärken
Zudem hebt das Positionspapier hervor, dass Fertigungskapazitäten gestärkt werden müssen; Start-ups sollten gezielter unterstützt werden während Wagniskapital leichter zugänglich sein sollte; erfolgreiche Inkubatoren gilt es auszubauen. Ebenso wichtig ist die frühzeitige Förderung neuer Zukunftsmärkte wie Robotik oder personalisierte Medizintechnik samt High-Performance Computing . Langfristig muss auch die Forschungsförderung kontinuierlich gesichert sein um Stabilität zu gewährleisten.
Attraktive Rahmenbedingungen sind notwendig um internationale Talente nach Europa zu ziehen.
Einen vollständigen Autarkieanspruch bei Halbleiterproduktionen stellt sich als unrealistisch dar – jedoch kann durch strategische Partnerschaften mit technologisch starken Ländern wie Japan oder Taiwan eine Reduzierung kritischer Abhängigkeiten erreicht werden.
„Ohne ein koordiniertes Vorgehen wird Europa dauerhaft ins Hintertreffen geraten“, betont Dr. Ronald Schnabel , Geschäftsführer der VDE/VDI Gesellschaft für Mikroelektronik , Mikrosystemtechnik & Feinwerktechnik . „Um weiterhin als starke Industrieregion bestehen bleiben zu können , müssen jetzt entscheidende Weichenstellungen erfolgen.“
Themen rund um Mikroelektronik stellen auch einen Schwerpunkt auf dem kommenden MikroSystemTechnik Kongress 2025 dar , organisiert vom VDE GMM zusammen mit dem VDI/VDE-IT vom 27.-29.Oktober in Duisburg .
Hidden Electronics: Schlüsseltechnologie Mikroelektronik p >
„Hidden Electronics IV“ stellt das vierte Dokument einer Reihe dar , initiiert durch Fachgesellschaften des VDE zuständig für mikroelektronische Anwendungen – darunter auch Informationstechnische Gesellschaft imV DE (V DE ITG). Das erste Papier dieser Reihe erschien bereits 2014 unter dem Titel „Hidden Electronics“. p >
Weitere aktuelle Themen zur Thematik finden sich ebenfalls in Ausgabe Oktober des Technologiemagazins „V DE dialog“, welches am ersten Oktober erscheint . Interessierte können bereits jetzt vertiefte Informationen zum Thema “Hidden Electronics IV” hier abrufen.
Pressekontakt:
Regina Schnathmann
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