F. Herr Präsident Guidesi, wie steht es um die europäische Automobilbranche?
A. Die Lage ist äußerst besorgniserregend. Wenn man sich die aktuellen Zahlen zur Produktivität und den Verkaufszahlen von Fahrzeugen ansieht, wird deutlich, dass viele Unternehmen in der Branche erhebliche Schwierigkeiten haben. Zudem sind auf unseren Straßen zahlreiche Autos zu sehen, die in China gefertigt wurden. Zusammengefasst: Es gibt klare Anzeichen dafür, dass die europäische Automobilindustrie stark unter Druck steht. Ich möchte auch darauf hinweisen, dass wir derzeit nur 25 % unserer Produktionskapazitäten ausschöpfen.
F. Die Lombardei zählt zu den zentralen Regionen Europas und arbeitet eng mit mehreren deutschen Bundesländern zusammen.
Sehen Sie Möglichkeiten für Kooperationen und Allianzen im Bereich Automotive sowie hinsichtlich Wettbewerbsfähigkeit und Industrie?
A. Unsere Unternehmen kooperieren bereits miteinander; auch wir als Institutionen müssen dies tun. In der Lombardei setzen wir uns intensiv dafür ein, eine „institutionell-wirtschaftliche Lobby“ der produktivsten Regionen Europas zu etablieren; unser Fokus liegt zunächst auf den Sektoren Automobilbau, Chemie und Stahlindustrie. Wir müssen uns noch stärker engagieren und sicherstellen, dass unsere Regionen direkte Ansprechpartner für die Europäische Kommission werden können. Ein direkter Austausch mit diesen Regionen könnte der Kommission helfen, katastrophale Fehler aus der Vergangenheit zu vermeiden.
Ich bin überzeugt von einem föderalen Europa – einem Europa der Regionen anstelle von Staaten – denn nur so kann das Erbe unserer Gründerväter verwirklicht werden. Wenn jedoch an dem gegenwärtigen zentralistischen Ansatz festgehalten wird, steuern wir auf eine „industrielle Wüste“ zu! Darüber hinaus wird in Brüssel darüber nachgedacht, Kohäsions- und Entwicklungsfonds von den Regionen auf die Staaten umzuleiten – Zentralismus sowie bürokratischer Dirigismus sind wahre Hindernisse für Entwicklung und Wachstum.
F. Wie bewerten Sie das Vorgehen der Europäischen Kommission bezüglich des Automobilsektors sowie deren Unterstützung für diese Industrie?
A. Die neue Kommission hat bedauerlicherweise selbstmörderische Entscheidungen ihrer Vorgänger übernommen; bislang gab es viele Ankündigungen und Schlagzeilen ohne nennenswerte Veränderungen.
Mit dem Kurs dieser Kommission ist es unmöglich geworden für Europa wettbewerbsfähig zu bleiben! Aus diesem Grund fordert die Lombardei seit geraumer Zeit grundlegende Änderungen an Regeln sowie Rahmenbedingungen.
Wir müssen Vertrauen in Menschen und Unternehmen setzen: Nur durch „Handlungsfreiheit“ sowie „technologische Neutralität“ können ökologische Ziele erreicht werden ohne unsere Industrie aufs Spiel zu setzen! Die Zeit drängt: Entweder erfolgt ein Umdenken oder wir stehen vor einer industriellen Krise!
F Seit Ihrem Engagement vor drei Jahren zur Stärkung der Automobilindustrie betonen Sie stets das Prinzip „technologischer Neutralität“, also alle Technologien einzubeziehen statt sich ausschließlich auf Elektromobilität zu konzentrieren? Diese Position findet mittlerweile auch Unterstützung bei der Europäischen Volkspartei sowie Kanzler Merz? Warum bleibt dennoch die Haltung seitens der Kommission unverändert trotz klarer Ansichten aus Lombardei oder Deutschland?
A: Ich kann mir dies nicht erklären! Abgesehen von politischen Standpunkten genügt ein Blick auf Fakten – insbesondere hinsichtlich negativer Konsequenzen daraus allein Elektromobilität als nachhaltige Lösung anzusehen; dies war ein riesiges Geschenk an China!
Zudem möchte ich erwähnen,dass sich Deutschlands neue Regierung gegenüber EU-Kommission vielleicht entschlossener zeigen könnte .In Deutschland entstehen großartige Fahrzeuge – dank Komponenten aus Lombardei .Diese außergewöhnliche Kombination gilt es beizubehalten , weshalb wir unbedingt einen Wechsel des Kurses fordern sollten ! Es geht hier um 13 Millionen Arbeitsplätze ,die gefährdet sein könnten !
F . Letzte Frage : Gibt es etwas ,das Ihnen bei Ihren Kollegen aus deutschen Ländern missfällt ? B > P >
A . Ich hätte gerne mehr Kompetenzen & Ressourcen wie sie besitzen ; diese fehlen uns leider hier in Lombardia ! Ihr seid ein Bundesstaat -wir hingegen noch nicht ! P >
Italien ist so vielfältig aufgebaut,dass nur durch Föderalismus all diesen Unterschieden Rechnung getragen werden kann.Ich träume wirklich vom föderalen Europa regionaler Strukturen & werde alles daran setzen,dass institutionelle Kooperation zwischen europäischen Gebieten zunehmend strategische Zukunftsprojekte hervorrufen wird!
Was immer vorhanden ist innerhalb Lombardia — Ausbildung,Forschung & Innovation —kann ebenso anderen Ländern zugutekommen.Was andere Länder bieten,kann wiederum auch genutzt werden innerhalb Lombardia.Dadurch schaffen wir komplementäre Verhältnisse,sichern unseren Platz im globalisierten Markt & gestalten tatsächlich gemeinsam Europa.In dieser Vision übertrifft sowohl Generation junger Menschen als auch regionale Identitäten weitgehend starren Brüsseler Strukturen!
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Luca Checola
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