- Wirtschaftliche Gesamtlage: 21 Prozent mehr Großinsolvenzen im Vergleich zu 2024
- Automobilzulieferer besonders stark betroffen
Die Automobilindustrie sieht sich weiterhin mit einer Vielzahl von Herausforderungen konfrontiert, darunter unvorhersehbare Bedingungen, Umsatzrückgänge und steigende Kosten. Insbesondere die Zulieferer stehen unter immensem Druck. „Im zweiten Quartal konnten wir zwar eine leichte Erholung bei den Automobilzulieferern beobachten, dennoch bleibt diese Branche die am stärksten von Insolvenzen betroffene“, erklärt Dietmar Gerke, Senior Manager für Spezialrisikomanagement (SRM) beim internationalen Kreditversicherer Atradius. Die Auswirkungen der Zollpolitik zwischen den USA und Europa werden erst im zweiten Halbjahr deutlich spürbar.
Im ersten Halbjahr 2025 verzeichnete die deutsche Wirtschaft einen alarmierenden Negativrekord: Es gab 207 Großinsolvenzen bei Unternehmen mit einem Jahresumsatz über zehn Millionen Euro. Im Vergleich zum ersten Halbjahr 2024, das zuvor als Rekordjahr galt, ist dies ein Anstieg um 21 Prozent. Besonders auffällig ist die Automobilzulieferindustrie mit insgesamt 18 Insolvenzen im ersten und elf im zweiten Quartal des Jahres. „Obwohl die Zahl der Insolvenzen gesunken ist, bleibt die Lage angespannt“, warnt Dietmar Gerke weiter. Die Meldungen über Zahlungsausfälle erreichen bereits jetzt nahezu das Niveau des Vorjahres.
Trotz bestehender Abnahmevereinbarungen zwischen OEMs (Original Equipment Manufacturers) und Zulieferern mangelt es oft an Verlässlichkeit seitens der Hersteller in der Praxis. Dies führt für Zulieferer zu Unsicherheit in der Planung sowie einer hohen Abhängigkeit von ihren Auftraggebern. Gleichzeitig konzentrieren sich viele Hersteller auf eine kleinere Anzahl an Zulieferern aufgrund eines allgemeinen Rückgangs in der Produktion. „Insbesondere kleinere Tier-3- und Tier-4-Zulieferer geraten zunehmend unter Druck, da ihnen oft finanzielle Puffer fehlen“, hebt Dietmar Gerke hervor. Der wachsende Wettbewerb hat zu einem signifikanten Umsatzrückgang geführt; zudem sind viele Unternehmen noch auf die Herstellung von Verbrennungsmotoren fokussiert und sehen sich hohen Umrüstungskosten gegenübergestellt, um zukunftsfähig zu bleiben.
Obwohl E-Mobilität potenziell Nachfrageimpulse durch Kaufprämien oder gezielte Fördermaßnahmen erzeugen könnte, ist Deutschlands Infrastruktur nicht optimal für einen umfassenden Wechsel ausgelegt – zudem fehlen häufig notwendige Investitionen erheblich. Ohne tiefgreifende staatliche Anreize sowie den Ausbau von Lade- und Produktionsinfrastruktur erscheint ein schneller Strukturwandel für zahlreiche Zulieferunternehmen unwahrscheinlich.
Zudem verschärft auch die Zollpolitik das Dilemma: Obwohl sich USA und EU auf einen Basiszollsatz geeinigt haben, bleibt Ungewissheit hinsichtlich zukünftiger Entwicklungen bestehen. Um ihre Marktanteile in den USA nicht zu verlieren planen mehrere Autohersteller neue Produktionsstätten dort aufzubauen.“Langfristig müssen auch Zulieferer nachziehen und ebenfalls in den US-Markt expandieren oder umsiedeln; jedoch wird dies vielen kleineren Unternehmen finanziell nicht möglich sein,“ erläutert Dietmar Gerke weiter; als Konsequenz werden Kapazitäten in Deutschland teilweise unwiderruflich abgebaut.
Atradius: Eine differenzierte Risikoanalyse ist entscheidend
Die Banken reagieren ebenfalls auf diese herausfordernde Situation innerhalb der Automobilzulieferbranche mit zunehmender Zurückhaltung bei Krediten oder Refinanzierungen – was wiederum negative Auswirkungen auf deren Liquidität hat.“Wir möchten keine Branche aus unserer Kreditversicherung ausschließen – auch nicht die Automobilindustrie,“ so Dietmar Gerke abschließend.Wichtig sei hierbei eine differenzierte Betrachtung: Neben aktuellen Nachweisen zur Liquidität spielen vor allem strategische Ausrichtungen eine wesentliche Rolle.Das entscheidende Kriterium liegt darin begründet wie Unternehmen Herausforderungen meistern können – selbst wenn sie Verluste hinnehmen müssen.
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