Der größte Stahlproduzent Deutschlands, ThyssenKrupp, hat laut dem ARD-Magazin „Panorama“ (NDR) die EU aufgefordert, den Zeitrahmen für die Reduzierung von CO2-Emissionsrechten erheblich zu verlängern. Diese Forderung stößt auf Widerstand von anderen Unternehmen und Fachleuten.
Das europäische Emissionshandelssystem ist das zentrale Instrument der EU zur Bekämpfung des Klimawandels. Die Grundidee besteht darin, dass jedes Unternehmen so viele „CO2-Zertifikate“ erwerben muss, wie es an Emissionen verursacht. Das langfristige Ziel ist es, Europa bis 2050 klimaneutral zu machen. Bisher erhalten energieintensive Branchen – darunter auch die Stahlindustrie – einen Großteil ihrer Zertifikate kostenlos. Diese Regelung soll planmäßig im Jahr 2034 enden; nun spricht sich jedoch auch ThyssenKrupp gegen dieses Vorhaben aus.
Laut „Panorama“ fordert der Konzern in einer Stellungnahme an die EU-Kommission unter anderem neue kostenlose Emissionsrechte bis in die 2040er Jahre – also mindestens sechs Jahre länger als bisher vorgesehen. Erst ab diesem Zeitpunkt sollten Unternehmen für jede ausgestoßene Tonne CO2 tatsächlich bezahlen müssen. Für Firmen wie ThyssenKrupp könnte dies jährlich mehrere hundert Millionen Euro bedeuten.
Ein weiteres Anliegen des Unternehmens ist eine langsamere Reduktion der CO2-Zertifikate in der EU als ursprünglich geplant. ThyssenKrupp möchte erreichen, dass bis 2050 weiterhin neue Verschmutzungsrechte an die Industrie vergeben werden – elf Jahre länger als im aktuellen Plan der EU vorgesehen ist, wonach ab 2039 keine neuen Rechte mehr ausgegeben werden sollen; alte Zertifikate bleiben jedoch handelbar.
Diese beiden Punkte sind nur ein Teil zahlreicher Änderungsvorschläge von ThyssenKrupp an die EU-Kommission. In einer Anfrage von „Panorama“ begründet das Unternehmen seine Forderungen: „Die allgemeinen Rahmenbedingungen (Energiepreise, Wasserstoffpreise sowie weltweite Überkapazitäten und Importdruck auf Europa) haben sich stark verschlechtert und führen zu steigenden Kosten.“ Weitere Investitionen in den Transformationsprozess seien nur möglich, wenn der Anstieg der CO2-Kosten verlangsamt werde; eine Schwächung des Klimaschutzes sieht ThyssenKrupp dabei nicht.
Simon Wolf von German Watch äußert sich kritisch zu den Forderungen: „Insgesamt würden sie die Lenkungswirkung des Emissionshandels erheblich einschränken und damit auch den Klimaschutz gefährden.“
Kritik kommt ebenfalls aus Reihen der Stahlindustrie selbst: Gunnar Groebler, CEO von Salzgitter AG, äußerte im Interview mit dem ARD-Magazin „Panorama“, dass er Thyssekrupps Ansprüche ablehnt und betont: Die Branche habe genügend Zeit gehabt sich auf steigende CO2-Kosten einzustellen: „Wir reden über zwei Jahrzehnte mit klaren Perspektiven für zukünftige Entwicklungen.“ Eine Abschwächung dieser Maßnahmen würde diejenigen bestrafen ,die frühzeitig aktiv wurden – das wäre katastrophal.“
Sowohl Salzgitter AG als auch ThyssenKrupp investieren derzeit Milliardenbeträge in den Umbau ihrer Produktionsstätten; bei Salzgitter AG schreitet zudem bereits der Bau eines neuen klimaschonenden Werks voran.
Sendehinweis: “Panorama”, Donnerstag ,28.August um 21 .45 Uhr im Ersten
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