Die Vorsitzende des AOK-Bundesverbandes äußert sich positiv zu den heute im Kabinett verabschiedeten Pflegegesetzen – mit einer Einschränkung:
„Seit vielen Jahren diskutieren wir über die Aufwertung und Erweiterung der Kompetenzen von Pflegefachkräften. Die aktuellen gesetzlichen Regelungen zur Pflege setzen endlich ernsthafte Schritte in diese Richtung! Sie schaffen die notwendigen Bedingungen, um die Rolle der Pflegefachkräfte insgesamt zu stärken, sowohl in den Einrichtungen als auch in den Arztpraxen. Die von der schwarz-roten Koalition angestrebte Primärversorgung hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn die Ersteinschätzungs- und Lotsenfunktion personell breiter aufgestellt wird und teamorientiert sowie interdisziplinär praktiziert wird. Das bedeutet, dass auch Pflegefachkräfte eine zentrale Rolle in der Primärversorgung übernehmen sollten.
Zudem sind die strukturellen Ansätze des Gesetzentwurfs von großer Bedeutung. Wir begrüßen ausdrücklich, dass auch das Engagement der Kommunen gestärkt werden soll. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Pflegekassen, Krankenkassen und Kommunen ist besonders bei der Planung lokaler Versorgungsstrukturen entscheidend für deren Verbesserung und Sicherstellung. Hierbei können die Routinedaten aus Kranken- und Pflegekassen äußerst hilfreich sein.
Besonders positiv hervorzuheben ist außerdem die geplante Unterstützung regionaler Netzwerke, damit pflegebedürftige Menschen möglichst lange in ihrer vertrauten Umgebung betreut werden können. Dazu passt auch ein verstärkter Fokus auf Prävention; insbesondere im kommunalen Bereich sind mehr Angebote zur Gesundheitsförderung erforderlich.
Die Schaffung eines Beratungsgremiums zur Vereinfachung des Antragsverfahrens für Leistungen aus der Pflegeversicherung wird grundsätzlich begrüßt. Es sollte jedoch darauf geachtet werden, dass Ergebnisse kontinuierlich veröffentlicht werden und nicht bis zum Sommer 2030 gewartet wird.
Kritisch betrachten wir hingegen die vorgesehene weitere Differenzierung des Leistungs- und Vertragsrechts innerhalb der Pflegeversicherung zur Etablierung gemeinschaftlicher Wohnformen. Das bestehende Recht im Bereich ambulanter Pflegedienste ermöglicht bereits eine Vielzahl an Wohn- und Betreuungsangeboten. Es wäre nicht sachgerecht, spezielle leistungs- und vertragsrechtliche Regelungen sowie Qualitätssicherungsinstrumente für eine bestimmte Versorgungsform einzuführen; dies würde einen dritten Sektor innerhalb der sozialen Pflegeversicherung schaffen. Dies steht dem sinnvollen Ansatz einer sektorenübergreifenden Versorgung entgegen sowie dem damit verbundenen Ziel eines einfacheren and flexibleren Leistungsrechts für pflegebedürftige Personen. Hier sollten wir zunächst auf die Ergebnisse der Bund-Länder-Arbeitsgruppe warten anstatt vorzeitig gesetzgeberische Maßnahmen zu ergreifen.“
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