Heute hat der Internationale Währungsfonds (IWF) neue Standards zur Erfassung globaler Wirtschaftsdaten vorgestellt. Ziel sei es laut IWF, die „Wirtschaft der Zukunft“ besser abzubilden – inklusive Digitalisierung, Plattformökonomie und auch Kryptowährungen wie Bitcoin. Doch beim genaueren Blick auf die Veröffentlichung wird klar: Das Verhältnis des IWF zu Bitcoin bleibt angespannt – und das hat System.
Bitcoin jetzt in der Statistik – aber nicht im BIP
Der IWF wird im Rahmen des neuen Standards für Wirtschaftsdaten Bitcoin künftig als „non-produced non-financial asset“ (nicht-produziertes, nicht-finanzielles Wirtschaftsgut) klassifizieren – ähnlich wie Gold oder Land. Damit wird Bitcoin formal Teil der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen, allerdings nicht als beitragender Faktor zum Bruttoinlandsprodukt (BIP). Der Grund laut IWF: Es findet keine Produktion oder Dienstleistung im klassischen Sinne statt.
Diese Sichtweise ignoriert jedoch vollständig, dass z.B. das Bitcoin-Mining sehr wohl Dienstleistungen bereitstellt – nämlich die Absicherung eines offenen, dezentralen Zahlungsnetzwerks, das weltweit Werte bewegt und speichert – ganz ohne Intermediäre. Dass der IWF diese Rolle nicht als produktiv anerkennt, offenbart ein tiefgreifendes Missverständnis oder gar bewusste Ignoranz.
Ironischerweise wird im gleichen Abschnitt der IWF-Veröffentlichung jedoch mit negativer Konnotation erwähnt, dass „der Energieverbrauch” des Bitcoin-Netzwerks hingegen einen “greifbaren Einfluss” auf die Welt hat.
Bitcoin hat beispielsweise spürbare wirtschaftliche Auswirkungen – unter anderem, weil seine Erzeugung große Mengen an Energie verbraucht. Da jedoch im traditionellen Sinne weder Waren noch Dienstleistungen geschaffen werden, fließt er nicht in das Bruttoinlandsprodukt ein.
Zitat aus der Veröffentlichung des IWF
Energieverbrauch: Einseitig und verzerrt
Der IWF kritisiert den Energieverbrauch von Bitcoin | IWF
Besonders kritisch ist außerdem die Bewertung des Bitcoin-Netzwerks in Bezug auf seinen Energieverbrauch zu sehen. Die Veröffentlichung verweist nämlich auf den „überproportional hohen Strombedarf“ und CO₂-Ausstoß von Bitcoin, aber ohne dabei Kontext oder Differenzierung zu liefern. Wieder einmal wird der altbekannte Vergleich zum Stromverbrauch Argentiniens bemüht – ein Vergleich, der nicht nur irreführend, sondern auch wirtschaftlich unsinnig ist.
Denn was dabei zum einen ignoriert wird: Das Bitcoin-Netzwerk sichert heute Vermögenswerte im Wert von mehreren hundert Milliarden US-Dollar ab – was das Bruttoinlandsprodukt Argentiniens bei Weitem übersteigt. Im Gegensatz zu einem Nationalstaat, dessen Energieverbrauch größtenteils in ineffiziente Bürokratien und Industrie fließt, stellt Bitcoin ein globales, dezentrales und fälschungssicheres Wertübertragungs- und Speichersystem dar.
Der bekannte Analyst Daniel Batten widerspricht der IWF-Darstellung entschieden. In einem aktuellen Beitrag auf 𝕏 betont er:
„Ein Großteil des Energieverbrauchs von Bitcoin stammt aus ansonsten ungenutzter oder verschwendeter Energie – etwa abgefackeltem Methan oder überproduziertem Strom aus Wasserkraft in abgelegenen Regionen.“
Batten verweist dabei auf über 20 peer-reviewed Studien, die zeigen, dass Bitcoin helfen kann, Stromnetze zu stabilisieren, Methanemissionen zu verringern und Preise zu senken. Zudem wird das Netzwerk laut aktuellen Zahlen der Universität Cambridge bereits zu über 52 % mit nachhaltiger Energie betrieben – mehr als jede andere große Industrie. Im Gegensatz dazu ist der Energiemix von Banken, Rechenzentren oder der Goldindustrie deutlich klimaschädlicher – dennoch wird nur Bitcoin ins Zentrum der Kritik gerückt, während klassische energieintensive Sektoren (wie immer) unbehelligt bleiben.
Neue Datenstandards – alter Bias
Die Aktualisierung der wirtschaftsstatistischen Grundlagen ist ja eigentlich grundsätzlich zu begrüßen. Dass digitale Vermögenswerte uns insbesondere Bitcoin nun überhaupt Eingang in die volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen finden, ist ein notwendiger und längst überfälliger Schritt. Doch die Art und Weise, wie dies geschieht, offenbart weiterhin eine tief sitzende Voreingenommenheit gegenüber Bitcoin.
Statt einer sachlichen Analyse wird Bitcoin erneut als „wertloser Energiefresser“ dargestellt – ohne dass der IWF die Energiequellen, Effizienzgewinne oder positiven gesellschaftlichen Funktionen des Netzwerks differenziert beleuchtet. Der ökonomische Nutzen, den Bitcoin als globales Zahlungs- und Wertsicherungssystem schafft, bleibt im Bruttoinlandsprodukt vollständig außen vor – obwohl reale wirtschaftliche Aktivität, Infrastrukturinvestitionen und grenzüberschreitender Handel ermöglicht werden. Gleichzeitig basieren die offiziellen Narrative des IWF weiterhin primär auf vermeintlichen Risiken, Unsicherheiten und geopolitisch motivierten Sorgen. Es drängt sich somit erneut der Eindruck auf, dass nicht die objektive Beobachtung, sondern der Erhalt bestehender Machtstrukturen leitend ist.
Wer die wirtschaftlichen Chancen, die Nachhaltigkeitspotenziale und die systemischen Effekte von Bitcoin ernsthaft erfassen will, braucht mehr als neue Excel-Spalten. Es braucht ein grundlegendes Umdenken in den Institutionen – und eine Debatte, die sich auf Fakten statt auf falsche Bedenken stützt.