Nach Recherchen des Saarländischen Rundfunks haben Kriminelle in ganz Deutschland ein ungewöhnliches Diebesgut ins Visier genommen: gebrauchtes Speisefett aus Restaurants und Fastfood-Ketten. Dieses alte Frittierfett besitzt einen erheblichen Wert, da es als Rohstoff für die Herstellung von Biodiesel dient. Der Branchenverband BDE schätzt den entstandenen Schaden auf mehrere Millionen Euro.
Die Täter entwenden das Altspeisefett direkt von den Hinterhöfen der Gastronomiebetriebe, wo es in speziellen Behältern gelagert wird. Dabei schöpfen sie das Fett mit Eimern ab oder nehmen gleich die gesamten Tonnen mit – wie Überwachungsvideos belegen, die dem SR vorliegen.
Die finanziellen Einbußen treffen sowohl die Gastronomen als auch deren Entsorgungsunternehmen. Üblicherweise verkaufen Restaurantbetreiber ihr gebrauchtes Fett an Recyclingfirmen, welche es anschließend an Raffinerien oder Aufbereitungsanlagen weiterveräußern – aktuell werden bis zu 900 Euro pro Tonne Altfett gezahlt. Laut dem Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft (BDE) beläuft sich der jährliche Schaden durch diese Diebstähle deutschlandweit auf einen Millionenbetrag.
Entsorger wie Stefan Henning aus Germersheim in der Pfalz sehen ihre Betriebe dadurch existenziell gefährdet: „Bei unseren täglichen Touren können wir zwei bis drei Diebstähle sicher nachweisen“, berichtet er. Allein dieses Jahr entstand ihm dadurch ein Verlust von etwa 40.000 Euro. Insgesamt wurden bereits hunderte Strafanzeigen gegen Unbekannt gestellt – bislang jedoch ohne nennenswerten Erfolg.
Aufgrund der Häufung dieser Vorfälle vermuten sowohl Entsorger als auch der BDE organisierte kriminelle Netzwerke hinter den Taten.
Diesen Verdacht bestätigt ein Insider aus dem Entsorgungssektor, dessen Identität zum Schutz seiner Sicherheit anonym bleibt und dem SR bekannt ist. Er hatte Kontakt zu Mitgliedern einer solchen Bande und berichtet, dass diese keinerlei Angst vor einer Ermittlung durch deutsche Behörden zeigen.
„Der Begriff ‚Eldorado‘ fiel bei unserem Gespräch“, erinnert sich der Informant an seine Begegnungen mit den Tätern zurück. Diese traten äußerst dreist und selbstbewusst auf: „Sie nennen es offen ‚klauen‘ – Hemmungen haben sie keine.“
Vor diesem Hintergrund wandte sich der BDE bereits im März 2023 an die Justizministerkonferenz (JuMiKo) mit dem Vorschlag zur Einrichtung spezialisierter Staatsanwaltschaften für Altfettdiebstahl-Fälle. Das sächsische Justizministerium, derzeit Vorsitzender dieser Konferenz, teilte jedoch mit, dass trotz mehrfacher Bitten bisher keine Behandlung des Themas erfolgt sei.
Pressekontakt:
Saarländischer Rundfunk
Funkhaus Halberg – 66100 Saarbrücken
Rechercheteam
Tel: +49 681 602-3030
Mobil Leiter Rechercheteam: Volker Roth +49 (0)173 -6189995
E-Mail: rechercheteam@sr.de
Internet: http://www.sr.de