In der Talkshow „phoenix persönlich“ diskutiert Eva Lindenau mit Prof. Marcel Fratzscher, dem Präsidenten des DIW Berlin, unter anderem über die Gerechtigkeit zwischen den Generationen, seine Vision eines verpflichtenden sozialen Jahres für Rentner und die Frage, ob er an einen Herbst der Reformen glaubt.
„Ich bin grundsätzlich ein Optimist. Dennoch muss ich zugeben, dass ich einige Zweifel habe“, äußert sich DIW-Präsident Marcel Fratzscher auf die Frage nach den Chancen eines umfassenden Reformpakets im angekündigten Herbst. Oftmals sei es in einer Demokratie so, dass man erst dann aktiv werde, wenn man „mit dem Rücken zur Wand steht“, führt Fratzscher weiter aus. „Viele haben jedoch noch nicht begriffen, dass wir jetzt dringend große Reformen benötigen.“ Natürlich könnte das Rentensystem wie bisher fortgeführt werden. „Die Bundesregierung hat kürzlich beschlossen, durch die Rentengarantie die Umverteilung von Jung zu Alt erheblich zu erhöhen. Man könnte das durchaus fünf Jahre lang so belassen; allerdings wird eine spätere Anpassung umso schwieriger sein. Daher ist es klug und notwendig, jetzt aktiv zu werden.“
„Als Wissenschaftler muss man solche Kritik aushalten können“, erklärt Fratzscher in Bezug auf die teils heftigen Reaktionen auf seinen Vorschlag eines verpflichtenden sozialen Jahres für Senioren. „Ich kann diese Kritik nachvollziehen: Viele Menschen sagen: Ich habe mein ganzes Leben gearbeitet und möchte nun in Rente gehen – frei entscheiden können über meine Zeit ohne zusätzliche Verpflichtungen.“ Das Verständnis dafür ist ihm wichtig; besonders diejenigen mit 45 Jahren oder mehr Berufserfahrung möchten oft keine weiteren Pflichten auferlegt bekommen.
Fratzscher betont zudem: Es gehe nicht darum, verschiedene Gruppen gegeneinander auszuspielen – weder Jung gegen Alt noch Reich gegen Arm. Vielmehr stehe im Mittelpunkt der Diskussion wie wir als Gesellschaft zusammenleben wollen und wie wir Lasten gerecht verteilen können – so dass dies als fair empfunden wird und wirtschaftlich tragbar bleibt. Denn nochmals: Wenn wir immer mehr Druck auf die junge Generation ausüben würden, könnten Arbeitsplätze verloren gehen; weniger Einzahlungen führen auch dazu, dass Rentner weniger Unterstützung erhalten – was bereits heute eine herausfordernde Situation im Gesundheits- und Pflegebereich darstellt.
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