In Deutschland leben fast ein Drittel (28,9 Prozent) der obdachlosen Menschen in Notunterkünften und sind unter 18 Jahre alt. Dies betrifft mehr als 137.000 Babys, Kleinkinder und Schulkinder, die ihre Kindheit in diesen Einrichtungen verbringen. Sie sind besonders stark von den unzureichenden Lebensbedingungen betroffen“, erklärt Claudia Engelmann, Expertin für das Recht auf Wohnen am Deutschen Institut für Menschenrechte, anlässlich des Tags der Wohnungslosen am 11. September. „Diese besorgniserregende Zahl verdeutlicht die Dringlichkeit des Themas Wohnraum auf der politischen Agenda: Wie kann Wohnraum bezahlbar bleiben? Wie lässt sich Wohnungslosigkeit verhindern? Und welche realistischen Chancen haben die Menschen in den Unterkünften auf eine eigene Wohnung? Diese Fragen werden von der Bundesregierung sowie den Landesregierungen nicht mit der erforderlichen Priorität behandelt. Der Nationale Aktionsplan zur Bekämpfung von Wohnungslosigkeit bleibt weit hinter den Erwartungen zurück.“ Laut dem Statistischen Bundesamt müssen rund 474.700 Personen in Deutschland (Stand: 31.01.2025) in Notunterkünften und Einrichtungen zur Wohnungsnotfallhilfe leben.
„Kinder und Jugendliche in Notunterkünften stehen vor besonderen Herausforderungen: Der Alltag ist oft geprägt von Lärm und Konflikten. Die Unterkünfte sind häufig überfüllt, bieten wenig Privatsphäre und keinen Platz zum Spielen oder um konzentriert Hausaufgaben zu machen. Dies hat negative Auswirkungen auf ihre Entwicklung und stellt eine klare Verletzung ihrer Rechte dar – wie das Recht auf Privatsphäre, Gesundheit sowie Schutz vor Gewalt oder das Recht auf Spiel- Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten“, so Engelmann weiter.“ Doch nicht nur Kinder leiden unter diesen Bedingungen; auch Erwachsene verbringen oft Jahre in solchen Einrichtungen und erleben eine zunehmende Verelendung sowie Perspektivlosigkeit.“ Für viele ist die Notunterkunft keine Übergangslösung mehr sondern wird zur dauerhaften Situation.“ Es mangelt sowohl an Wohnungen als auch an ausreichender Unterstützung für Betroffene – insbesondere wenn es darum geht, Sozialansprüche durchzusetzen oder wieder einen eigenen Wohnraum zu finden.
Die Kommunen haben rechtlich die Verpflichtung, obdachlosen Personen eine Notunterkunft anzubieten; dabei müssen die Bedingungen jedoch im Einklang mit grundlegenden menschenrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands stehen – etwa gemäß der UN-Kinderrechtskonvention oder dem UN-Sozialpakt sowie der Istanbul-Konvention des Europarates.“ Aktuell werden bundesweite Empfehlungen zur Unterbringung wohnungsloser Menschen im Auftrag des Bauministeriums erarbeitet.“ „Das begrüßt das Deutsche Institut für Menschenrechte ausdrücklich“, sagt Engelmann: „Es muss jedoch klar sein: Notunterkünfte dürfen keine dauerhafte Lösung darstellen! Bund, Länder und Kommunen müssen gemeinsam daran arbeiten sicherzustellen dass Wohnungslosigkeit vermieden wird and dass alle Altersgruppen innerhalb dieser Unterkünfte echte Perspektiven auf eigenen Wohnraum erhalten.“
Weitere Informationen
- Themenseite: Recht auf Wohnen
- Unterrichtsmaterialien: Das Recht auf Wohnen
- Analyse: Gestaltung menschenrechtskonformer Notunterkünfte für Obdachlose
- Analyse: Wahlrecht wohnungsloser Personen
- Statistisches Bundesamt: Statistik über untergebrachte obdachlose Personen
- Bundeszentrale für politische Bildung: Das Menschenrecht aufs Wohnen
Pressekontakt:
Kristal Davidson,
Pressesprecherin
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