Im Rahmen des Tages der pflegenden Angehörigen am 8. September warnt der Bundesverband pflegender Angehöriger, wir pflegen e.V., vor den aktuellen Überlegungen zur Kürzung von Leistungen in der sozialen Pflegeversicherung. Unter anderem wird die Streichung des Pflegegrades 1 sowie eine Karenzzeit vor dem Beginn von Leistungen diskutiert. Solche Maßnahmen würden insbesondere diejenigen betreffen, die gerade erst Unterstützung benötigen und bei denen präventive Maßnahmen besonders effektiv sein könnten.
„Personen mit Pflegegrad 1 sind oft noch relativ selbstständig, haben jedoch bereits erste Einschränkungen zu bewältigen, wie etwa chronische Erkrankungen, beginnende Demenz oder Mobilitätsprobleme. Mit dem monatlichen Entlastungsbetrag von 131 Euro können sie niedrigschwellige Angebote wie haushaltsnahe Dienstleistungen oder Alltagsbegleitung in Anspruch nehmen“, erläutert Sebastian Fischer, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes. „Dies ermöglicht nicht nur konkrete Hilfe im Alltag, sondern auch den Aufbau eines Unterstützungsnetzwerks in einer Phase, in der die Versorgung noch nicht kritisch ist. Diese Hilfen wirken präventiv: Sie fördern Teilhabe und verhindern Vereinsamung.“
Ein Gutachten des IGES-Instituts im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums zeigt auf, dass frühzeitige Unterstützungsleistungen das Potenzial besitzen, Pflegebedürftigkeit zu vermeiden oder abzuschwächen. Werden diese Leistungen gekürzt, erhalten Betroffene erst dann Hilfe, wenn ihre Situation bereits fortgeschritten ist und eine Rückkehr zur Selbstständigkeit kaum mehr möglich erscheint. Frühzeitige Hilfen erweisen sich als effektiver und stärken zudem die Eigenverantwortung; langfristig sind sie auch kosteneffizienter.
Zur vorgeschlagenen Karenzzeit äußert sich Sebastian Fischer klar: „Das ist kurzsichtig und unverschämt. Anstatt dass der Arbeitgeberverband sinnvolle Vorschläge für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Pflege unterbreitet – was sowohl der Wirtschaft als auch seinen Mitgliedern zugutekommen würde –, sollen pflegende Angehörige weiter in finanzielle Notlage gedrängt werden.“
Eine solche Karenzzeit würde bedeuten, dass Menschen mit Pflegebedarf sowie deren Angehörige im ersten Jahr sämtliche Kosten für Unterstützung und Entlastungsangebote selbst tragen müssten – während sie gleichzeitig nur eingeschränkt arbeiten können. Bereits jetzt tragen pflegende Angehörige erhebliche finanzielle Belastungen durch Eigenanteile oder entgangene Arbeitsstunden. Würden zu Beginn keinerlei Leistungen gewährt werden, könnte dies das Risiko einer Verarmung erheblich erhöhen.
„Wer an präventiven Angeboten spart handelt unverantwortlich und gefährdet die Stabilität der häuslichen Versorgung“, betont Sebastian Fischer abschließend. „Die Abschaffung des Pflegegrades 1 oder die Einführung einer Karenzzeit wären ein Rückschritt in der Gesundheitspolitik; statt Kürzungen brauchen wir jetzt ein klares Bekenntnis zu einem modernen Pflegesystem mit Fokus auf Prävention.“
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