Der Ministerpräsident von NRW, Hendrik Wüst, hat in einem Interview mit dem WDR seine Einsicht über die anhaltende Unsicherheit der Bürger in Solingen nach dem Anschlag vor einem Jahr geäußert. Im Gespräch mit dem WDR5 Morgenecho erklärte Wüst:
„Ich kann das nachvollziehen. Es ist ein Zeichen dessen, was im vergangenen Jahr auf dem Fronhof in Solingen geschehen ist. Es ist ganz menschlich, dass man sich nach so einem Vorfall unsicher fühlt. Das war auch eine wichtige Aufgabe für meine Landesregierung: genau zu analysieren, welche Maßnahmen wir ergreifen müssen und können, um das Vertrauen der Menschen zurückzugewinnen und die Sicherheit zu erhöhen – alles im Rahmen dessen, was ein Rechtsstaat leisten kann. Wir müssen unsere Ansätze verbessern, insbesondere in der Migrationspolitik sowie bei präventiven Maßnahmen. Das sind die Herausforderungen für die Politik; nur so lässt sich Vertrauen wiederherstellen.“
Gleichzeitig hob Wüst hervor:
„Auf der anderen Seite werde ich nie vergessen, wie mir der Bruder eines Opfers gesagt hat: ‚Bitte verfolgt jetzt keine rechtsextremen Parolen! Macht nicht den Fehler und lasst euch von den Terroristen manipulieren; wir sind eine Stadt des Zusammenhalts.‘ Und diese Haltung spiegelt sich auch in Umfragen wider sowie in meinen Gesprächen hier vor Ort.“
Die Bedenken bezüglich der Flüchtlingszuwanderung versteht Wüst ebenfalls gut:
„Wir haben unser Limit erreicht. Bereits vor dem Anschlag habe ich immer wieder betont, dass wir an unsere Grenzen stoßen hinsichtlich unserer Fähigkeit zur Aufnahme von Menschen. In Deutschland haben wir es stets geschafft – selbst während des Höhepunkts der sogenannten Flüchtlingskrise – den Menschen zumindest ein Dach über dem Kopf zu bieten. Doch wenn es um Schulen oder Kitas geht, stoßen wir an unsere Grenzen; das haben wir immer klar kommuniziert – ohne dabei emotional oder negativ über die Betroffenen zu sprechen.“
Exklusive Umfrage des WDR zum Stimmungsbild in Solingen
Im Auftrag des WDR führte infratest dimap zwischen dem 30. Juli und 11. August 2025 eine repräsentative telefonische Befragung unter 1.001 zufällig ausgewählten deutschsprachigen Bürgern aus Solingen ab 18 Jahren durch.
Diese Umfrage bietet einen verlässlichen Einblick in die Stimmungslage innerhalb der Stadt wie bisher nicht dokumentiert.
Die Unsicherheit bleibt bestehen
Die Ergebnisse zeigen deutlich: Die Auswirkungen des Anschlags sind bis heute spürbar und messbar.
Besonders das Sicherheitsgefühl vieler Solinger wurde nachhaltig beeinträchtigt.
Ein Jahr nach dem Vorfall fühlt sich immer noch jeder dritte Bürger an öffentlichen Orten oder im Nahverkehr unsicher.
In den ersten Wochen nach diesem Ereignis waren es sogar rund 60% aller Befragten.
Kritischere Sicht auf Zuwanderung – Positives Miteinander
Auch die Einstellung zur Flüchtlingszuwanderung hat sich seitdem gewandelt:
Bereits vor dem Anschlag hatten 31% eine negative Haltung dazu,
während zusätzlich nach diesem Vorfall weitere 23% angaben,
nun kritischer gegenüber einer Aufnahme von Flüchtlingen eingestellt zu sein.
Dennoch bewerten viele Menschen das Zusammenleben zwischen Personen mit und ohne Migrationsgeschichte positiv:
Etwas mehr als die Hälfte empfindet dies als gut oder sehr gut.
Geringes Vertrauen in Politik – Höheres Engagement
Das Vertrauen darin,
dass Politik und Behörden künftige Anschläge verhindern können,
ist bei vielen nicht stark ausgeprägt:55%,der Befragten äußern wenig bis gar kein Vertrauen darin. Gleichzeitig steigt jedoch das persönliche Engagement für gesellschaftlichen Zusammenhalt: Fast jeder Fünfte gab an,in den letzten zwölf Monaten aktiv geworden zu sein, sei es durch Vereine oder Initiativen; bereits zuvor hatten dies 32%/der Befragten getan.
Alle Zitate sowie Umfrageergebnisse stehen ab sofort zur Veröffentlichung bereit.
Das vollständige Interview sowie alle Studienergebnisse finden Sie unter wdr.de .
Pressekontakt:
wdr Newsroom ,0221-220-8787