Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) äußert erneut seine Besorgnis über die jüngste Entscheidung der US-Regierung, ein „Most-Favoured-Nation“-Preismodell (MFN) für Medikamente einzuführen. Diese Maßnahme, die US-Preise an den niedrigsten international verfügbaren Preisen orientieren soll, wird vom BPI als ernsthafte Bedrohung für die weltweite Arzneimittelversorgung angesehen und könnte die bereits angespannte Situation aufgrund kürzlich beschlossener transatlantischer Zölle weiter verschärfen.
„Wir sind äußerst besorgt darüber, dass die MFN-Preisbindung nicht nur den Wettbewerb gefährdet, sondern auch das globale Arzneimittelangebot destabilisieren könnte“, warnt Dr. Kai Joachimsen, Hauptgeschäftsführer des BPI. „Wenn pharmazeutische Unternehmen gezwungen werden, ihre Preisstrategien weltweit an den niedrigsten Preisen auszurichten, könnten Märkte mit ohnehin geringen Preisniveaus in Gefahr geraten – was gravierende Auswirkungen auf den Zugang von Patienten zu neuen Therapien haben würde.“
Der aktuelle MFN-Beschluss ist Teil einer umfassenden Initiative der US-Regierung zur Kontrolle von Gesundheitskosten. Geplant ist eine Anpassung der Preise für verschreibungspflichtige Medikamente in den USA an jene in vergleichbaren Industrieländern. Laut BPI birgt dieses Modell jedoch nicht nur finanzielle Risiken für Pharmaunternehmen mit Geschäften in den USA; es könnte auch zu erheblichen Versorgungsproblemen innerhalb der EU führen: Firmen könnten sich aus Märkten mit niedrigen Preisen zurückziehen wollen, um negative Auswirkungen auf ihre Preispolitik im US-Markt zu vermeiden.
„Sollten europäische Preise zum Maßstab für den größten Pharmamarkt weltweit werden, hätte dies zwangsläufig Konsequenzen für die Einführung neuer Medikamente in Europa. Dies könnte zu Verzögerungen oder sogar zum Verzicht auf Zulassungen innerhalb der EU führen – mit potenziellen Nachteilen für Patienten“, erklärt Joachimsen.
Die Lage wird zusätzlich durch eine kürzlich vereinbarte Zollregelung zwischen EU und USA kompliziert. Erst letzte Woche einigten sich beide Seiten auf einen pauschalen Zollsatz von 15 Prozent auf zahlreiche Produkte. Obwohl eine Eskalation auf 30 Prozent abgewendet wurde, sieht das BPI bereits jetzt Schäden am Standort Europa als gegeben an.
„Die gleichzeitige Anwendung von Zöllen und regulatorischen Eingriffen stellt einen riskanten Doppelschlag gegen unsere Branche dar“, betont Joachimsen weiter. „Zölle erhöhen nicht nur direkt Handelskosten; sie wirken sich auch indirekt durch steigende Preise bei Vorprodukten und Verpackungsmaterialien negativ auf gesamte Lieferketten aus. In Kombination mit MFN-Mechanismen entsteht so ein gefährliches Umfeld sowohl für unsere Unternehmen als auch für die Arzneimittelversorgung beiderseits des Atlantiks.“
Der BPI fordert erneut politische Maßnahmen zur Berücksichtigung dieser strukturellen Risiken sowie zur Stärkung des Pharmastandorts Europa durch notwendige Reformen bei Preisbildungsmechanismen hierzulande. In Deutschland existieren über 30 verschiedene Instrumente zur Preisregulierung; insbesondere das erst vor kurzem verlängerte Preismoratorium sowie diverse gesetzliche Herstellerabschläge belasten pharmazeutische Unternehmen erheblich.
„Unsere Branche benötigt Planungssicherheit sowie innovationsfreundliche Rahmenbedingungen und einen politischen Kurswechsel hin zu einer Gesundheitsversorgung als strategischem Gut“, so Joachimsen abschließend.“ Gesundheit sollte niemals unter wirtschaftspolitischen Maßnahmen leiden – sei es durch Zölle oder internationale Preisdiktate.“
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