Die XRP-Community ist seit Jahren gespalten: Während Ripple regelmäßig Partnerschaften mit hunderten Banken und Finanzdienstleistern verkündet, bleibt die tatsächliche On-Chain-Aktivität auf dem XRP Ledger (XRPL) vergleichsweise bescheiden. In einer ausführlichen Stellungnahme am 30. Juli reagierte Ripple-CTO David “JoelKatz” Schwartz auf eine viel diskutierte Anfrage des Investors und YouTubers Andrei Jikh und lieferte erstmals eine umfassende Erklärung für das Missverhältnis zwischen ambitionierten Partnerschaften und geringer On-Chain-Nutzung.
Warum bewegt sich so wenig auf dem XRPL?
Jikh stellte die zentrale Frage: Wenn Ripple über 300 Bankpartnerschaften verfügt, warum sehen wir dann keine Milliarden an täglichen Transaktionen auf dem XRP Ledger? Schwartz antwortete direkt: Der Grund liegt im regulatorischen Umfeld und den Anforderungen institutioneller Akteure.
„Selbst Ripple kann den XRPL-DEX derzeit nicht für Zahlungen verwenden, weil wir nicht sicherstellen können, dass nicht ein Terrorist die Liquidität bereitstellt“, so Schwartz.
Der Kern des Problems sei, dass öffentliche dezentrale Börsen keine Möglichkeit bieten, verlässlich zu prüfen, wer auf der Gegenseite einer Transaktion steht. Für regulierte Finanzinstitutionen – die strikten KYC/AML-Vorgaben unterliegen – ist das ein Ausschlusskriterium.
„Ripple has 300+ bank partnerships, but after 13 years, shouldn’t there be billions in daily on-chain volume?“
I think there are a number of reasons why institutions have historically preferred to use digital assets off chain rather than on chain. I think we’re close to changing…
— David ‚JoelKatz‘ Schwartz (@JoelKatz) July 30, 2025
Die Brücke zwischen Compliance und Dezentralität
Um dieses Problem zu lösen, arbeitet Ripple an einer neuen Funktion namens “Permissioned Domains”. Diese sollen es ermöglichen, dass regulierte Akteure gezielt nur mit vertrauenswürdigen Gegenparteien interagieren können – ohne die Offenheit des XRPL grundsätzlich einzuschränken.
Die Idee: Institutionelle Teilnehmer können in einem separaten Bereich des XRPL handeln, in dem jede Partei vorab geprüft ist. Gleichzeitig ermöglichen Market-Maker die Liquiditätsbrücke zwischen offenen und permissioned Domains. So bleibt die Liquidität erhalten, und der Ledger bleibt interoperabel.
„Retail ist willkommen in den permissioned Bereichen, solange sie nachweisen können, dass sie nicht sanktioniert sind“, sagte Schwartz.
Ein weiterer Kritikpunkt: Warum sollte eine Bank XRP als Brückenwährung nutzen, wenn es doch Stablecoins gibt? Auch hier widerspricht Schwartz entschieden. Seiner Ansicht nach hat XRP Vorteile, die Stablecoins strukturell nicht bieten können:
- XRP ist neutral: Stablecoins sind an einzelne Fiat-Währungen gebunden und unterliegen der Kontrolle einzelner Staaten oder Unternehmen.
- Globale Reichweite: Ein neutraler Bridge-Asset wie XRP kann Währungsräume verbinden, für die es keine direkten Stablecoin-Paare gibt.
- Liquidität und Flexibilität: Wer nicht weiß, welche Währung als nächstes gebraucht wird, ist mit einem liquiden, global nutzbaren Asset besser aufgestellt.
Warum nicht eigene Chains wie BlackRock?
Jikh fragte auch, warum ein großer Player wie BlackRock nicht einfach eine eigene Blockchain für Tokenisierung aufsetzt. Schwartz kontert mit einer Gegenfrage:
„Warum betreibt Circle USDC auf mehreren Chains und nicht nur auf einer eigenen?“ – Die Antwort sei offensichtlich: Nutzerakzeptanz, Interoperabilität und Liquidität entstehen dort, wo sich die Nutzer bereits befinden.
Tokenisierung werde nicht von isolierten Plattformen getragen, sondern von Netzwerken mit echter Nutzungsdichte – und der XRPL biete diese Grundlage. Zum Schluss betonte Schwartz, dass XRP trotz aller Kritik eine zentrale Rolle im Ripple-Stack spielt – auch wenn diese Nutzung nicht direkt auf der öffentlichen Chain sichtbar ist. Er vermutet, dass der Einsatz von XRP als Brückenwährung in RippleNet deutlich höher sei als bei jeder anderen Kryptowährung.
Schwartz’ Ausführungen zeigen: Die technische Infrastruktur ist vorhanden, die regulatorischen Hürden jedoch hoch. Ripple arbeitet aktiv an Lösungen wie „Permissioned Domains“, um institutionelle Zahlungen sicher und konform auf die Blockchain zu bringen. Die Umsetzung ist jedoch komplex, und der Prozess ist langsamer als viele Anleger erwarten.