Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat heute bei der Staatsanwaltschaft Neuruppin in Brandenburg Strafanzeige gegen den Betreiber der Pipeline, PCK, eingereicht. Anlass ist der Verdacht auf Bodenverunreinigung gemäß § 324a Strafgesetzbuch infolge eines Unfalls an einer Schieberstation nahe Gramzow. Medienberichten zufolge sind dabei über 200.000 Liter Rohöl ausgelaufen und haben eine Fläche von etwa zwei Hektar kontaminiert. Die Möglichkeit einer Beeinträchtigung des Grundwassers kann von den Behörden bislang nicht ausgeschlossen werden.
Recherchen der DUH zeigen, dass die Pipeline zur dauerhaften Versorgung der Raffinerie in Schwedt genutzt wurde, obwohl die Bundesregierung sie nur für eine Notfallversorgung vorgesehen hatte und somit als ungeeignet für einen Dauerbetrieb einstufte. Ein entsprechendes Dokument des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz aus dem Jahr 2022 bestätigt diese Einschätzung. Es besteht daher der Verdacht, dass die Betriebsgenehmigung nicht auf einen langfristigen Einsatz ausgelegt war – sollte sich dies bestätigen, wäre die entstandene Bodenverunreinigung strafrechtlich relevant nach § 324a StGB.
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH, kommentiert: „Der Unfall an dieser Pipeline hat erhebliche ökologische Schäden verursacht. Wäre es möglich gewesen, diesen Ölunfall zu verhindern? Die Bundesregierung selbst hatte eine umfassende Ertüchtigung dieser Leitung als notwendig erachtet – doch diese Maßnahmen wurden nie umgesetzt und dennoch lief die Pipeline weiter im Betrieb. Offenbar standen wirtschaftliche Interessen über Sicherheits- und Umweltbelange.“
„Dieser Vorfall muss als Warnsignal verstanden werden: Die gesamte mehr als 200 Kilometer lange Leitung bedarf nun einer gründlichen Überprüfung“, so Müller-Kraenner weiter. „Zudem erwartet die DUH von der Bundesregierung ein Konzept zur schnellen Reduzierung fossiler Brennstoffe sowie zum Stopp des riskanten Rohölimports.“
Die Kosten für eine notwendige Modernisierung schätzte die Bundesregierung auf rund 400 Millionen Euro und signalisierte Bereitschaft zur vollständigen Finanzierung dieses Vorhabens. Da es sich hierbei um staatliche Beihilfen handelt, ist jedoch noch eine Genehmigung durch die EU-Kommission erforderlich – ein Antrag wurde bereits im Juli 2023 gestellt; bislang liegt keine Freigabe vor.
Vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine erhielt die Raffinerie in Schwedt ihr Rohöl hauptsächlich über das Druschba-Pipelinesystem aus Russland geliefert. Nach Kriegsbeginn wurde dieser Import gestoppt; stattdessen erfolgte unter anderem eine Umstellung auf den Transport via Rostock-Schwedt-Pipeline.
Constantin Zerger, Leiter Energie- und Klimaschutz bei DUH erklärt dazu: „Es ist nachvollziehbar, dass nach Beginn des Krieges kurzfristig alternative Versorgungswege gesucht wurden.“ Allerdings dürfe dies nicht dazu führen, dauerhaft Leitungen zu nutzen „die laut Aussage der Bundesregierung gar nicht dafür vorgesehen sind“. Der Unfall bei Gramzow könnte somit Folge einer übereilten Entscheidung sein.
Zerger ergänzt: „Dieses Beispiel zeigt deutlich das Risiko beschleunigter Genehmigungen unmittelbar nach Ausbruch des Konflikts in Osteuropa.“ Sicherheit von Mensch und Umwelt müsse oberste Priorität haben – deshalb sollten alle schnell genehmigten Projekte inklusive LNG-Anlagen sowie deren Pipelines kritisch überprüft werden.
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