Die Energiewende in Europa steht vor ernsthaften Herausforderungen. Um bis 2030 die erforderlichen Investitionen von etwa 1 Billion Euro für den Ausbau erneuerbarer Energien, die Verbesserung der Netzinfrastruktur, innovative Speicherlösungen, Wasserstofftechnologien und die Digitalisierung des Energiesystems zu realisieren, fehlt es vielen führenden Energieversorgern an finanziellen Mitteln. Dies ist das zentrale Ergebnis einer aktuellen Studie von Roland Berger mit dem Titel „Timing the energy transition“, die erstmals eine umfassende Analyse der Transformationsfähigkeit der 60 größten europäischen Energieunternehmen vorgenommen hat.
Die Untersuchung zeigt deutlich: Angesichts sinkender Margen und steigender Verschuldung wächst die Kluft zwischen dem notwendigen Investitionsbedarf und der finanziellen Leistungsfähigkeit dieser Unternehmen. Der Roland Berger Transformation Indicator kombiniert Rentabilität des eingesetzten Kapitals (ROCE) mit dem Verschuldungsgrad und offenbart ein alarmierendes Bild: Lediglich rund 55 Prozent der führenden europäischen Versorger erfüllen die grundlegenden Anforderungen für eine nachhaltige Transformation.
„Den Unternehmen, welche an vorderster Front bei der Energiewende stehen sollten, gehen zunehmend die finanziellen Ressourcen aus“, erklärt Torsten Henzelmann, Managing Director bei Roland Berger und Mitautor der Studie. „Die Kapitalmärkte haben bislang nicht ausreichend auf das Engagement und die Investitionen dieser Versorger in den Bereich erneuerbare Energien reagiert, was ihre Möglichkeiten zur Fortführung notwendiger Transformationsmaßnahmen einschränkt.“
Vier strategische Archetypen mit unterschiedlichen Handlungsoptionen
In ihrer Analyse unterteilt Roland Berger europäische Energieversorger in vier Typen: Die „Transformation Powerhouses“ (39 Prozent) zeichnen sich durch starke finanzielle Ressourcen sowie umfangreiche Anlagen aus – sie sollten aktiv in neue Technologien investieren und den Transformationsprozess vorantreiben. Die Gruppe der „Locked-in Early Movers“ (36 Prozent) hat bereits erhebliche Mittel investiert, sieht sich jedoch sinkenden Margen sowie hoher Verschuldung gegenüber; ihr Fokus sollte auf Portfolioanpassungen sowie Entwicklung serviceorientierter Geschäftsmodelle liegen.
„Reinforcers“ (13 Prozent), deren Bilanzen stabil sind, können als strategische Nachzügler agieren und in bewährte Technologien investieren. Schließlich müssen sich „Restricted Laggards“ (12 Prozent) verstärkt auf Kostenkontrolle konzentrieren sowie Effizienzsteigerungen erzielen; möglicherweise sind auch strategische Partnerschaften erforderlich.
Marc Sauthoff, Partner bei Roland Berger und Mitautor der Studie, hebt hervor: „Eine wesentliche Erkenntnis lautet: Höhere Investitionen bedeuten nicht automatisch bessere Ergebnisse. Viele Anbieter sollten gegenwärtig große Projekte meiden und stattdessen ihre Profitabilität wiederherstellen. Die finanziell starken Unternehmen müssen Führungsrollen übernehmen – doch selbst deren Kapazitäten werden ohne zusätzliche öffentliche Mittel nicht ausreichen.“
Zudem zeigt die Studie Unterschiede zwischen integrierten Versorgungsunternehmen und unabhängigen Stromproduzenten (IPPs): 67 Prozent aller IPPs gelten als „Transformation Powerhouses“. Alle untersuchten Energieversorger wurden hingegen als „Locked-in Early Movers“ eingestuft – ein strukturelles Problem aufgrund unzureichender regulatorischer Rahmenbedingungen im Vergleich zu den tatsächlichen Investitionsanforderungen.
Diese Untersuchung wird ab Ende 2026 jährlich aktualisiert werden um fortlaufend über Entwicklungen im Bereich europäischer Energieversorger zu berichten sowie um Diskrepanzen zwischen gegenwärtigen and zukünftigen „Powerhouses“ sichtbar zu machen.
Über die Studie
Mithilfe des eigens entwickelten Roland Berger Transformation Indicators analysiert diese Studie über einen Zeitraum von zehn Jahren hinweg (2015-2024) wie gut es den größten europäischen Energieversorgungsunternehmen gelingt sich transformativ weiterzuentwickeln; dabei wird sowohl ROCE als auch Verschuldung berücksichtigt um deren finanzielle Leistungsfähigkeit zu bewerten.
Pressekontakt:
Nico A. Jaenecke
Expert Corporate Communications & PR
Tel.: +49 160 744-4229
E-Mail: nico.jaenecke@rolandberger.com
www.rolandberger.com