Deutschland befindet sich derzeit im größten Sanierungsrückstand seiner Geschichte: Brücken sind marode, Schienennetze veraltet, Straßen überlastet und zahlreiche Schulen sowie Kindertagesstätten baufällig. In den bevorstehenden Haushaltsverhandlungen ist es entscheidend, dass die angekündigten Maßnahmen endlich umgesetzt werden und eine umfassende Investitionsoffensive im Bauwesen gestartet wird. Drei führende Verbände aus der Bau- und Rohstoffbranche warnen eindringlich davor, die Mittel des Sondervermögens zur Haushaltskonsolidierung zu verwenden. Zudem müsse der gesamten Wertschöpfungskette mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden.
Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz in Berlin betonten Christian Strunk (Präsident von MIRO – Bundesverband Mineralische Rohstoffe), Peter Hübner (Präsident des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie) sowie Carsten Burckhardt (stellvertretender Bundesvorsitzender der IG BAU – Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt), dass für das Bauen essenzielle Voraussetzungen wie ausreichende Rohstoffe, zügige Genehmigungsverfahren, stabile Rahmenbedingungen und gut abgesicherte Arbeitsplätze unerlässlich sind.
MIRO warnt vor „Scheinen ohne Steine“
Christian Strunk unterstrich die Dringlichkeit: „Jährlich benötigt Deutschland über 500 Millionen Tonnen Gesteinskörnungen wie Kies, Sand oder Schotter – nach Trinkwasser ist dies der zweitwichtigste Stoffstrom unseres Landes. Zwar können wir uns aktuell noch selbst versorgen, doch immer mehr Abbaustätten müssen schließen aufgrund fehlender Genehmigungen. Regionale Engpässe sind bereits heute absehbar.“
Strunk forderte daher: „Die Gewinnung dieser Rohstoffe muss als Teil der Daseinsvorsorge anerkannt werden – vergleichbar mit der Energieversorgung –, um nicht in Widersprüche zu geraten: Milliardeninvestitionen in Bauprojekte ohne ausreichendes Material zum Bauen nützen niemandem.“
HDB kritisiert fehlende Zusätzlichkeit des Sondervermögens
Peter Hübner äußerte scharfe Kritik daran, dass das Sondervermögen vielfach zur Deckung von Haushaltsdefiziten genutzt werde: „Die versprochene zusätzliche Finanzierung gibt es nicht wirklich. Stattdessen verschieben sich Mittel aus dem regulären Haushalt an anderer Stelle hin; dadurch schrumpft das normale Budget weiter und kommunale Kassen bleiben leer. Die Konsequenz ist ein weiterhin unzureichendes Bauen auch bei wichtigen öffentlichen Aufgaben vor Ort.“
Er fügte hinzu: „Aus dem tragischen Brückeneinsturz in Dresden wurde offensichtlich nichts gelernt – anders waren diese Zusagen vereinbart.“ Hübner forderte zudem flexiblere Vergabeverfahren bei öffentlichen Aufträgen zur Bewältigung vielfältiger Bauvorhaben sowie einen effizienteren Einsatz aller verfügbaren Mittel durch weniger Bürokratie und präzisere Kostenkontrolle.
Neben dem schnellen Baubeginn sei auch eine zügige Erteilung von Genehmigungen für den Rohstoffabbau notwendig, um Versorgungssicherheit mit heimischen Materialien sicherzustellen.
IG BAU mahnt Akzeptanz und faire Arbeitsbedingungen an
Carsten Burckhardt hob hervor: „Milliarden allein reichen nicht aus; wenn Industrieanlagen vor Ort auf Ablehnung stoßen oder notwendige Genehmigungen fehlen, bleibt die Wirkung begrenzt. Die Corona-Pandemie hat gezeigt wie abhängig Deutschland von Importen ist – bei Gesteinsrohstoffen jedoch verfügen wir über eine robuste Eigenversorgung.“
Zudem betonte er die Bedeutung fairer Bezahlung für Beschäftigte im Bereich Baustoffgewinnung und -verarbeitung sowie Unterstützung für ein Bundestariftreuegesetz ohne Ausnahmen. Für Fachkräfte aus dem Ausland müsse garantiert sein, dass sie tarifgebunden beschäftigt werden; darüber hinaus seien angemessene Arbeitszeiten mit Pausen wichtig.
Letztlich könne ein digitales Zeiterfassungssystem beiden Seiten Vorteile bringen indem es Transparenz über geleistete Stunden schafft.
Einiges Forderungsbündel
- Etablierung einer langfristigen verlässlichen Finanzierung öffentlicher Infrastrukturmaßnahmen;
- Sicherung der versprochenen zusätzlichen Mittel des Sondervermögens auch auf Länderebene gesetzlich festzuschreiben;
- Anerkennung regionaler Versorgungssicherheit durch heimische Baustoffgewinnung als elementaren Bestandteil öffentlicher Daseinsvorsorge;
- Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren sowohl für Infrastrukturprojekte als auch beim Rohstoffabbau;
- Dauerhafte Etablierung fairer tarifvertraglicher Arbeitsbedingungen;
- Sicherstellung tarifgerechter Beschäftigung insbesondere bei internationalen Fachkräften.
Abschließend rufen alle drei Verbände die Bundesregierung dazu auf, eine ganzheitliche Infrastrukturstrategie vorzulegen welche sämtliche Bereiche entlang der Wertschöpfungskette umfasst — vom Abbau über Planung bis hin zu Fachkräftesicherung.