Der Deutsche Behindertenrat (DBR) äußert deutliche Bedenken gegenüber dem aktuellen Entwurf der Bundesregierung zur Überarbeitung des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG), der am Mittwoch im Kabinett diskutiert werden soll. Menschen mit Behinderungen warten seit geraumer Zeit auf eine tatsächliche Modernisierung des BGG, die dringend benötigte Fortschritte in Bezug auf Barrierefreiheit in Deutschland bringen sollte. Die Enttäuschung über den vorgelegten Entwurf ist erheblich. „Menschen mit Behinderungen haben sich von dieser Reform greifbare Verbesserungen erhofft. Mit diesem Vorschlag wird sich leider nicht viel ändern“, erklärt Michaela Engelmeier, Vorsitzende des Sprecherinnenrats des DBR und Präsidentin des SoVD. Es besteht sogar das Risiko einer Verschlechterung der rechtlichen Situation.
Der DBR begrüßt zwar grundsätzlich, dass die Gesetzgeber nun auch für private Anbieter verbindliche Regelungen zu angemessenen Vorkehrungen einführen möchten – ein Ansatz, der aus der UN-Behindertenrechtskonvention stammt und dessen Umsetzung in Deutschland längst überfällig ist. „Wir freuen uns ausdrücklich darüber, dass hier eine Verpflichtung aus der UN-BRK umgesetzt werden soll“, fügt Engelmeier hinzu.
Besonders kritisch sieht der DBR jedoch eine zentrale Formulierung im Entwurf: Unternehmen sollen nicht verpflichtet sein, angemessene Vorkehrungen zu treffen, wenn dies bauliche Veränderungen oder Anpassungen an Produkten und Dienstleistungen nach sich zieht; solche Maßnahmen gelten grundsätzlich als „unverhältnismäßige und unbillige Belastung“. Eine solch pauschale Einstufung sendet laut DBR ein fatales Signal – sowohl hinsichtlich ihrer Auswirkungen als auch bezüglich ihrer gesellschaftlichen Botschaft. „Wenn jede noch so kleine Anpassung gesetzlich als Belastung betrachtet wird, erklärt man Menschen mit Behinderungen faktisch selbst zur Last. Das ist nicht nur politisch unverantwortlich; es steht zudem im Widerspruch zur UN-BRK, die Deutschland seit mehr als 15 Jahren verpflichtet“, betont Engelmeier.
Der Deutsche Behindertenrat fordert eindringlich von den Gesetzgebern eine grundlegende Überarbeitung des Entwurfs im weiteren Verfahren sowie die Etablierung wirksamer Instrumente für gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe. Dazu gehören verbindliche Standards für Barrierefreiheit, angemessene Vorkehrungen sowie klare Fristen und Durchsetzungsmechanismen mit effektiven Sanktionen bei Verstößen gegen diese Vorgaben. „Es reicht nicht aus, Menschen mit Behinderungen lediglich hinzuhalten oder symbolische Formulierungen ins Gesetz aufzunehmen. Wir benötigen echte Reformen – keine kosmetischen Korrekturen! Die Bundesregierung muss endlich ihren verfassungsrechtlichen und menschenrechtlichen Verpflichtungen nachkommen und ein BGG präsentieren, das diesen Namen verdient“, schließt Engelmeier.
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